Geschichte Altöttings
- Ein geschichtsträchtiger Ort
Altötting ist einer der geschichtsträchtigsten Orte in Bayern. Seine Bekanntheit verdankt die Kreisstadt vor allem seiner Entwicklung zum berühmtesten Marienwallfahrtsort Deutschlands, den im Laufe der Geschichte Kaiser, Könige, Herrscher, Päpste und unzählige Pilger aufgesucht haben und der auch in unserer Zeit alljährlich Ziel von ca. 1 Million Besuchern ist.
Doch schon lange vor Beginn der Wallfahrt war Altötting ein bedeutender Ort. Funde lassen den Schluss zu, dass sich im Bereich des Altöttinger Kapellplatzes bereits eine frühbronzezeitliche Siedlung befand. Erstmals urkundlich erwähnt ist Altötting im Jahr 748 als Amtssitz von Herzog Tassilo III. Damals war Ötting Pfalz des bairischen Herrschergeschlechts der Agilolfinger. Die größte weltliche Bedeutung erlangte Ötting als Pfalz der Karolinger. König Karlmann, ein Urenkel Karls des Großen, regierte sogar als alleiniger Herrscher des Stammesherzogtums Baiern (876-880) und König von Italien von hier aus sein Reich. Er gründete in Ötting das erste Chorherrenstift und ließ die Karlmannsbasilika erbauen, in der er nach seinem frühen Tod 880 seine letzte Ruhestätte fand (siehe Film).
- Altötting – der berühmteste Marienwallfahrtsort Deutschlands
- Begriff „Wallfahrt“
Unter Wallfahrt (von wallen = in eine bestimmte Richtung unterwegs sein) versteht man Reisen, die Pilger aus religiösen Gründen unternehmen und zu einem Ort führen, der als heilig verehrt wird. Die Wallfahrt kann unternommen werden, um ein religiöses Gebot zu befolgen, ein Gelübde zu erfüllen, um Hilfe zu bitten, Sühne für Verfehlungen zu leisten oder Dank abzustatten. - Altötting als Pilgerstätte
Beginn im frühen Mittelalter: Bereits im 9. Jahrhundert entwickelte sich Ötting zur Reliquienwallfahrt, nachdem König Karlmann als Herrscher von Baiern und König von Italien ein in Altötting ein Kloster errichten und eine Basilika bauen ließ, die er mit einer Armreliquie der Heiligen Apostels Philippus ausstattete.
Wallfahrt zum Heiligen Bruder Konrad: Johannes Birndorfer (*1818 +1894) trat 1849 dem Kapuzinerorden bei und war von 1853-1894 als Bruder Konrad von Parzham 41 Jahre lang Pförtner im Altöttinger Kapuzinerkloster St. Anna. Seit seiner Heiligsprechung im Jahr 1934 ist Altötting eine Doppelwallfahrt.
Entwicklung zur Marienwallfahrt: Zu Beginn der Neuzeit geschahen um 1490 im Gebiet um Altötting unerklärliche Ereignisse, die auf die Fürbitte der „Schwarzen Madonna von Altötting“ bei Gott zurückgeführt wurden. Die in der Heiligen Kapelle stehende Marienstatue mit Jesuskind wurde aufgrund dieser „Marienwunder“ zum tief verehrten Gnadenbild und es setzte ein mächtiger Pilgerstrom nach Altötting ein, der bis heute andauert. - Altötting-Wallfahrt heute: Mit geschätzten rund 1 Million Besuchern ist Altötting der bedeutendste Marienwallfahrtsort in Deutschland. Die meisten Pilger kommen an Pfingsten zum Gnadenort. Berühmt ist die Regensburger Fußwallfahrt an Pfingsten mit jährlich ca. 10.000 Teilnehmern.
- Begriff „Wallfahrt“
Zeittafel zur Geschichte Altöttings
Geschichte Altöttings bis zum Beginn der Wallfahrt
- um 1500 v. C. frühbronzezeitliche Siedlung im Bereich des Kapellplatzes
- um 400 Ötting ist noch keltischer Kultort mit einer mächtigen Linde als Mittelpunkt eines Versammlungsplatzes
- ab dem 5. Jh. Missionierung Baierns u. a. durch Severin +482 und Rupertus +720
- vor 700 Ötting ist Kernort bairischer Stammesbildung - Errichtung einer Pfalz des bairischen Herrschergeschlechts
der Agilolfinger - um 700 Bau des Oktogons (Achteckbau) der heutigen Gnadenkapelle
- 739 Gründung der vier altbairischen Diözesen Regensburg, Passau, Salzburg und Freising durch Bonifatius
- 748 erste urkundliche Erwähnung Öttings (autingas) als Amtsherzogshof von Herzog Tassilo III. anlässlich einer
Schenkung an das Kloster Mondsee - 788 Ötting wird zur Pfalz der Karolinger nach der Entmachtung von Tassilo III. durch den Frankenkönig Karl den
Großen - um 800 Errichtung einer karolingischen Pfalz aus Stein
- 876 Karlmann (ein Urenkel Karls des Großen) und Sohn Ludwig des Deutschen wird König und regiert als
Herrscher von Baiern und König von Italien von der Pfalz Ötting aus sein Ostfrankenreich - 877 Gründung des 1. Chorherrenstifts in Ötting durch Karlmann mit Kloster und Kirche (Karlmannsbasilika)
- 880 Tod Karlmanns und Beisetzung in der Stiftskirche
- 907 Zerstörung und Plünderung Öttings durch die Ungarn
- 913 Schlacht auf dem Mordfeld bei Altötting - Sieg von Herzog Arnulf von Kärnten über die Ungarn
- 1180 - 1918 die Wittelsbacher regieren in Baiern
- 1228 Errichtung eines 2. Chorherrenstifts durch den Wittelsbacher Herzog Ludwig I. den Kelheimer
- 1228 Gründung von Neuötting
- 1231 - 1244 Bau einer spätromanischen Stiftskirche
- 1245 Einweihung der Stiftskirche durch Bischof Eberhard II. von Salzburg
- um 1350 Aufstellung der Altöttinger Muttergottes im Oktogon (als Nachfolgerin einer thronenden romanischen
Madonna) - um 1489 Aufblühen der Wallfahrt nach Altötting
15. Jahrhundert
1479 – 1503 Herzog Georg der Reiche, bekannt durch die Landshuter Fürstenhochzeit mit der polnischen Königstochter
Hedwig, regiert das baierische Teilherzogtum Baiern-Landshut, dem Altötting angehört.
Um 1489 Beginn der Wallfahrt durch die ersten Altöttinger Wunder
1491 Georg der Reiche und Kaiser Friedrich III. wallfahren nach Altötting
1492 Älteste erhaltene Kapellrechnung mit Verzeichnis der Opfergaben
1493 erste große Fußwallfahrt der Stadt Landshut nach Altötting
1494/1495 Druck der ersten Altöttinger Mirakelschrift
1497 Druck der Mirakelschrift des Chorherrn Jacobus Issickemer
1498 Georg der Reiche entleiht aus dem Kapellschatz 60.000 Gulden
um 1500 Anbau des Langhauses mit Umgang und Glockenturm an das Oktogon
16. Jahrhundert
1499 – 1511 Um- bzw. Neubau der romanischen in eine gotische Stiftskirche
1501 Älteste erhaltene Altöttinger Votivtafel
1504 – 1505 Landshuter Erbfolgekrieg: erster Tiefpunkt der Wallfahrt
bis 1508 Herzog Albrecht VI., der Weise, von Baiern-München vereinigt als Sieger im Landshuter Erbfolgekrieg die
baierischen Teilherzogtümer. Nach Kriegsende blüht die Wallfahrt wieder auf.
1508 – 1550 Herzog Wilhelm IV., der Standhafte, wirkt der Reformation entgegen.
1509 Friedrich von der Pfalz begleicht die Schulden von Herzog Georg (+ 1503) durch 11 Meisterwerke der
französischen Goldschmiedekunst (darunter das berühmte „Goldene Rössl“)
1517 Wilhelm IV. erlässt eine „Vereinigte Stifts- und Kapellordnung“, in der er auch gegen Missstände und Unsitten im
Altöttinger Klerus eintritt.
1518 Druck der Geschichte Oettings von Aventinus
Um 1520 Entstehung der 57 spätgotischen Mirakeltafeln (heute im Kapellumgang)
1520 – 1570 Tiefpunkt der Wallfahrt durch die Reformation von Martin Luther
1550 – 1579 Albrecht V., der Großmütige, sorgt im Zuge der Gegenreformation dafür, dass Baiern weitgehend katholisch bleibt.
1570 Teufelsaustreibung durch Petrus Canisius in der Gnadenkapelle
ab 1570 Wallfahrtsaufschwung unter Stiftspropst Martin Eisengrein (1567-1578)
1571 Druck der Schrift Eisengreins „Unser Liebe Fraw zu Alten-Oeting“
1571 „Albertinische Schenkung“ an Altötting durch Albrecht V.
1579 – 1598 Herzog Wilhelm V., der Fromme, führt die Gegenreformation fort.
1581 Wilhelm V. gründet die Erzbruderschaft „Maria zu Alten-Oeting“
Ab 1591 Die Jesuiten wirken nach der Berufung durch Wilhelm V. bis 1773 mit Erfolg in Altötting.
1593 – 1596 Für die Jesuiten lässt Wilhelm V. in Altötting Kloster und Kirche erbauen.
17. Jahrhundert
1598 – 1651 Der Marienverehrer Herzog Maximilian I. (ab 1623 Kurfürst) sorgt im 30jährigen Krieg als Führer der Liga dafür,
dass Baiern weitgehend katholisch bleibt. Herzbestattung in der Hl. Kapelle nach seinem Tod
1599 Gründung der Marianischen Männerkongregation
1604 – 1661 Kardinal Graf von Wartenberg ermöglicht als Stiftspropst die Niederlassung der Franziskaner in Altötting (1653),
lässt das Franziskanerkloster St. Anna (1654) erbauen und den Kapellplatz erweitern (1616) sowie die „Alten
Chorherrenstöcke“ bauen.
1618 – 1648 Große Schwankungen der Wallfahrt durch den 30jährigen Krieg
1632 Tod des Marienverehrers Graf Tilly in der Schlacht bei Rain am Lech
1632 Gnadenbildflucht nach Salzburg durch Kurfürstin Renate von Lothringen
1637 Aufstellung des Marienbrunnens auf dem Kapellplatz als Dankerweis des Salzburger Fürsterzbischofs Paris
Graf von Lodron
1645 Blutweihebrief von Kurfürst Maximilian I.
1648 Rückzug der Schweden und Franzosen, die bis Neuötting vordrangen. Ende des 30jährigen Kriegs durch den
Westfälischen Frieden
1649 Pestnot in Altötting
1651 – 1679 Kurfürst Ferdinand Maria lässt durch Enrico Zuccali den Kapellplatz umgestalten, die „Neuen Chorherrenstöcke“
errichten und die Überbauung der Gnadenkapelle durch einen barocken Wallfahrtsdom planen.
1681 Kurfürst Maximilian II. Emanuel (1679-1726) schließt mit Kaiser Leopold I. die „Altöttinger Allianz“ gegen
die Türken.
1683 – 1688 Erfolgreiche Beteiligung des baierischen Heeres unter Kurfürst Max Emanuel an den Türkenkriegen als Folge
der „Altöttinger Allianz“
1696 – 1699 Bau der Barockkirche St. Magdalena und des Kongregationssaales (1696) für das Jesuitenkloster
18. Jahrhundert
1701 – 1714 Wallfahrtsrückgang durch den Spanischen Erbfolgekrieg
1704 Verhinderung einer Gnadenbildflucht (Legende von der „Stürmerin“)
1726 – 1745 Kurfürst Karl Albrecht stiftet 1737 für die Genesung seines 10jährigen Sohnes aus schwerer Krankheit
den „Silberprinzen“ und bewirkt durch den Österreichischen Erbfolgekrieg einen Wallfahrtsrückgang.
1745 – 1777 Der „Silberprinz“ Max III. Joseph wallfahrtet häufig nach Altötting und verhindert trotz hoher Schulden
die Säkularisation geistlicher Güter.
1773 Aufhebung des Jesuitenordens durch Papst Clemens XIV. und damit des Altöttinger Jesuitenklosters
1777 – 1799 Kurfürst Karl Theodor nimmt Altötting im Zeitalter der Aufklärung vom Verbot von über einen Tag
dauernden Wallfahrten aus und
1781 Karl Theodor ermöglicht den Maltesern die Übernahme des Klosters St. Magdalena k (1781-1808).
1782 Papst Pius VI. besucht Altötting.
19. Jahrhundert
1799 – 1825 Max IV. Joseph, der Vielgeliebte (ab 1806 als Max I. Joseph König) behält trotz Säkularisation und
Aufklärung den Brauch der Herzbestattung der Wittelsbacher Regenten in Altötting bei.
1802 Aufhebung des Franziskanerklosters St. Anna und Umwandlung in ein „Aussterbekloster“ für die Kapuziner
1802/1803 Die Säkularisation wirkt sich für Altötting verheerend aus.
1803 Aufhebung des Altöttinger Stifts
1825 – 1848 König Ludwig I. setzt sich für die Wiederherstellung der Klöster ein und erlaubt wieder Wallfahrtszüge zu
den Gnadenorten.
1826 Ludwig I. gestattet den Kapuzinern in Altötting die Aufnahme von Novizen und die seelsorgerische Betreuung der Pilger.
1841 Die Redemptoristen übernehmen das Kloster St. Magdalena (bis 1878).
1853 – 1894 Bruder Konrad von Parzham betreut die Pforte des Klosters St. Anna
1874 Die Kapuziner übernehmen das verwaiste Kloster St. Magdalena.
1864/1886 Herzbestattung der Könige Max II. Joseph und Ludwig II. in Altötting
1897 Eröffnung der Eisenbahnlinie Mühldorf - Altötting
1898 Altötting wird zur Stadt erhoben.
20./21. Jahrhundert
1910 – 1912 Bau der Basilika St. Anna unter dem Protektorat von Prinz Ludwig, Prinzregent Luitpold unterstützt den
Bau und stiftet den Hochaltar.
1914 – 1918 Wallfahrtsrückgang durch den 1. Weltkrieg
1918 Abdankung von König Ludwig III.
1919 Gnadenbildflucht in der Räterepublik nach Passau
1929 Errichtung des 3. Altöttinger Stifts (Rupertusstift)
1930/1934 Selig- bzw. Heiligsprechung von Bruder Konrad durch Papst Pius XI.
1945 Erschießung von 7 Männern (u. a. Kapelladministrator Adalbert Vogl) durch Nationalsozialisten
1953 Kloster und Kirche St. Anna erhalten den Namen Bruder Konrad.
1954 über 650.000 Kommunikanten im Marianischen Jahr in Altötting
1980 Papst Johannes Paul II. besucht Altötting
1983 Verkehrsfreimachung des Kapellplatzes, Bau einer Tiefgarage
1989 Jubiläen: 500 Jahre Marienwallfahrt Altötting, 1250jähriges Bestehen der vier altbaierischen Diözesen,
Einweihung des Diözesanbrunnens am Tillyplatz
1996 Gründung der „Shrines of Europe“ – Zusammenschluss von fünf der bedeutendsten Marienwallfahrtsorten Europas
2006 Besuch von Papst Benedikt XVI. in Altötting
2008 Verleihung der Goldenen Rose durch Papst Benedikt XVI.